Doch auf dem German Armagnac Festival ist alles anders. Ich stehe am Sonntagmorgen mit einem Lächeln im Gesicht auf. „Geil war's“, denke ich mir. So bleibe ich liegen und versuche zu verarbeiten, was da alles gestern passiert ist. Genieße den Moment der Ruhe. Was für eine großartige Veranstaltung.
Die Messe dauerte einen Tag: Samstag, der 13.04., in Stuttgart. Von 11 Uhr bis 19 Uhr Armagnac und Cognac vom Feinsten. Um Punkt 11 Uhr stehe ich auf der Matte, nachdem wir am Vortag bereits alles vorbereitet haben. Gregor schmeißt im Namen unserer Wagemut Kavalierbar die Bar auf dem GAF mit Armagnac-Cocktails, die mein Team extra für diese Veranstaltung entwickelt hat.
Gregor Eisele, Chef de Bar Wagemut Kavalierbar
Kurzes Begrüßen bekannter Gesichter, Küsschen links, Küsschen rechts, und dann ist es auch schon an der Zeit für unser erstes Tasting: Um 11:30 Uhr sitzen also mein Bruder Adrien und ich vor sechs Gläsern im Raritätentasting, vorgetragen von den verrückten Jungs von Catawiki, Emilie und Nicolas. Einfach Bombe, die Typen. Das nenne ich mal einen Start in den Tag nach meinem Geschmack!
Nicolas von Catawiki
Adrien schaut mich fassungslos an. Langsam dämmert es ihm, wie großartig Armagnac ist, da er bisher fast ausschließlich beim Rum und Portwein zu Hause war.
Tasting Nr 1.
Eine Stunde voller Input später steigen wir wieder die Treppen hinauf, nur um von Robert an der Tür empfangen zu werden, damit wir seine neue Serie probieren können. Ganz bescheiden schmeißt er in Kooperation mit Distilia einfach einen Garreau von 1967 auf den Markt – die erste der sieben Todsünden seiner „The Sins“ Serie.
Robert mit seiner Todsünde
Auf dem Weg zu Seailles verliebe ich mich endgültig in Swell de Spirits. Der sympathische Mika mit seinen großartigen Abfüllungen und den schönsten Designs. Kurzerhand beschließe ich, dass ich sein komplettes Sortiment vollständig haben will und bin kurz genervt davon, dass ich nun drei Jahre aufzuholen habe. Scheiße. (Wer also noch Flaschen hat, die ich noch nicht habe, bitte bei mir melden. Vor allem bei den Tropfen, die nie in Europa rausgekommen sind. Ich tausche gegen Smarties.)
Mika von Swell
Julien von Seailles befreit mich aus meinen Gedanken. Nicht nur wegen seiner bescheidenen Art ist er mein absoluter Lieblingsproduzent der Region. Es ist sein Stoff, der mich so begeistert. Für mich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis in der gesamten Spirituosenwelt und der beste Blanche – also ungereifter Armagnac. Mit seiner Erlaubnis beginne ich, anderen Besuchern sein großartiges Zeug einzuschenken. Was für Granaten! Pauschal meine Empfehlung für Liebhaber von alten kräftigen Rumstilen wie Caroni & Co.
Ich probiere viel, doch gleichzeitig nicht genug. Ich versuche, Wolfgang noch aus dem Weg zu gehen, denn sobald er einmal seinen Koffer aufmacht, ist es um mich geschehen. Ich will vorher noch andere Produzenten und deren Produkte probieren. Ich habe zu wenig Zeit. Die Messe ist zwar klein, aber von einer solchen Dichte an hochwertigen Produkten und Ausstellern, dass ich bei weitem nicht genug Zeit habe.
Verliebt in Hontambere, beeindruckt von Malternatives und begeistert von Danis setze ich mich draußen bei milden 25 Grad kurz in die Sonne. Trinke einen kleinen Schluck Slashi – eine gefrorene Mischung aus Castarede XO, salted Caramel, Passionsfrucht und Zitrone. Die Kälte kühlt meinen gereizten Gaumen. Die Süße beruhigt meine Nerven. Angenehm. Wie Florence Castarede, die Inhaberin von Castarede, mir im Nachhinein gesagt hat:
„J’ai été très heureuse de vous revoir et encore Bravo pour ce délicieux cocktail préparé par votre mixologiste ..Sincèrement je n'ai jamais gouté un cocktail aussi bon avec notre Armagnac!“
Zu Deutsch: Geiler Drink!
Finde ich auch. Haben meine Jungs gut gemacht, denke ich mir.
Florence Castarede & ich
Auf einmal steht er da: Wolfgang Klotz mit seinem mysteriösen Koffer. Ein Brett nach dem anderen kommt auf den Tisch.
Quasi Brett aufs Brett.
Die Jahrgänge fliegen uns nur so um die Ohren. Einer älter und großartiger als der andere. Diese Flaschen, die älter als 100 Jahre alt sind, verzaubern mich. Die Jahrzehnte, die sie in der Flasche verbringen dürfen, machen etwas ganz Besonderes mit dem Alkohol. Die Aromen fließen ineinander und werden wahrhaftig eins. Eine Harmonie und Tiefe, die ihresgleichen sucht und die „leider“ nur durch jahrzehntelange Flaschenreifung entsteht.
Selbst mein sonst so ruhiger Bruder kommt jetzt voll in Fahrt. Begeistert beschreibt er jeden Tropfen, um nach jedem Glas erneut festzustellen, wie großartig Armagnac doch sei. Und dass er einen teuren Gaumen hat… Sind halt alle sensorisch etwas verwöhnt bei uns im Team…. Dabei hat doch Armagnac so ein tolles Preis-Genuss-Verhältnis.
Irgendwann bin ich fertig. Vom Kopf und auch sensorisch. Adi macht mittlerweile sein ganz eigenes Programm. Die Messe ist auch zu Ende. Ich zünde mir eine Zigarre an und öffne dazu passenderweise eine 2,5L Flasche 1895er, die Wolfgang in seinem Großzügigkeitswahn gespendet hat.
Ein würdiger Abschluss zu meiner absoluten Lieblingsmesse! Danke an Sascha Junkert und sein Team, was er da schon wieder Großartiges auf die Beine gestellt hat! Nächstes Jahr unbedingt wieder – absolute Pflichtveranstaltung, denke ich mir, während ich für mich beschließe, ab sofort nur noch Flaschengrößen ab 2,5L zu trinken.
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